Am späten Vormittag stand die Abreise von Chiayi Richtung Taichung auf meinem Plan. Am Bahnhof in Chiayi erwarb ich die Sonntagsausgabe der „Taipei Times“ und las dann, dass am Samstag ein Erdbeben der Stärke 5,2 im Osten Taiwans für zweistündige Zugausfälle sorgte. Ich war ganz erschrocken, dass es ja doch Verspätungen im Fahrplan der taiwanischen Bahn gibt. Am Samstag bin ich tatsächlich um 07:36 Uhr aufgewacht, weil mein Bett wackelte. Das Ganze war aber sehr schnell wieder vorbei und so konnte ich in Ruhe noch eine Stunde weiterschlafen. Erdbeben sind in dieser Region vollkommen normal und gehören zur Lebenssituation der Menschen hier dazu. Mein Zug nach Taichung erreichte (wie alle anderen bislang) pünktlich das Ziel. Ein Blick auf „Google-Maps“ verriet mir, dass mein Hotel zu Fuß 16 Minuten vom Bahnhof entfernt liegt, mit Gepäck war mir das zu weit, daher entschied ich mich für ein Taxi. Der erste Taxifahrer und sein Kollege standen draußen und unterhielten sich eifrig. Offensichtlich war ihnen eine Taxifahrt nicht wichtig genug. Dennoch sprach ich die beiden an und streckte ihnen mein „iPhone“ entgegen. Als Antwort bekam ich zu hören: „No English“, was natürlich Blödsinn war, denn natürlich zeigte ich den beiden die Chinesische Variante. Ein Zucken mit den Schultern sollte wohl bedeuten, dass die Lust auf eine Fahrt gering war. Also ging ich ein paar Taxen weiter nach hinten und fand dann doch einen Fahrer, der sich meiner annahm und mich zum Hotel fuhr.
Das Gebäck durfte ich dort lassen, einchecken war noch nicht möglich. Also taperte ich ein wenig planlos durch die Gegend, um nach einem Restaurant zu fahnden. Das fand ich nach etwa einer Viertelstunde in Form eines Koreaners. Die Besonderheit in diesem Laden ist, dass in der Mitte jedes Tisches ein Gasgrill eingebaut ist. Hier werden dann je nach Bedarf die gewünschten Speisen direkt am Platz gebrutzelt. Von der Decke hingen an ein paar 1,20 m lange Stäbe, die wie überlange Schaschlikspieße aussehen und an denen die zu grillenden Speisen hingen. Garnelen, Tintenfische, Rindfleisch und andere Köstlichkeiten konnte ich auf den ersten Blick erkennen. Ich entschied mich jedoch für einen sehr scharfen Käsetopf mit Zwiebeln, Weißkohl, Knoblauch, Chili und in Würfeln geschnittenes (zartes) Rindfleisch. Dazu wurde eine Schüssel Reis und eine Tasse schwarzen Tee gereicht. Das Essen war erstklassig. Nach einer Weile ging ich wieder zurück Richtung Hotel, um quasi direkt in ein Festival zu stolpern. Es stellte sich heraus, dass die 10. Ausgabe von „Rock in Taichung“ lief. Etwa 500 junge Menschen standen vor der Bühne und feierten ausgelassen und enthusiastisch die wirklich gute Band.
Na ja, ausgelassen und enthusiastisch ist jetzt vielleicht nicht ganz korrekt ausgedrückt. Ich sollte es anders beschreiben. Wenn in Castrop-Rauxel der Gemeindesaal wiedereröffnet wird, ist mehr Stimmung angesagt als auf diesem Festival. Ein paar der jungen Menschen wackelten immerhin noch mit den Köpfen, noch weniger sahen auch aus als wollten sie auf ein Rockfestival. Den Applaus nach jedem Lied der Gruppe, kann ich kaum mehr als höflich erklären. Aus sich raus gehen ist nicht die Sache der Taiwanerinnen und Taiwaner. Egal, die Musik war auf jeden Fall super. Zurück im Hotel spürte ich die harte Anstrengung des Tages und schlief eine ausgedehnte Runde. Inzwischen war es schon wieder dunkel und ich machte mich erneut auf den Weg zum Festivalgelände. Es war gerade Umbaupause, aber schon beim Einspielen der folgenden Sängerin merkte ich, dass die eine richtig gute Stimme hat und so blieb ich dort, um ihren Auftritt abzuwarten. Ich wurde nicht enttäuscht, das war Musik, die ich mir definitiv auch zuhause anhören würde. Auf dem Gelände erstand ich eine große Tüte Popcorn und einen Becher kaltes Bier und so war ich schon wieder glücklich. Wunderbar!!