Der Tag heute ist für mich etwas Besonderes, denn zum ersten Mal auf meiner Reise hatte ich keine Zufallsbekannstschaft, sondern ein bewusst arangiertes Treffen. Ein ehemaliger Nachbarsjunge meiner Freundin Martha aus Kenia wohnt hier in Taichung und so war es keine Frage, dass ich ihn gerne kennenlernen wollte. Lucas Wambua Muteti wohnt 6,8 km von meinem Hotel entfernt und ist die Strecke zu mir geradelt. Für Lucas ist das aber kaum mehr als ein kleines Aufwärmprogramm, denn Lucas ist professioneller und passionierter Marathonläufer. Seine Bestzeit steht bei 2 Stunden und 9 Minuten. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch, ein freundliches, gewinnendes Lächeln und eine herzliche Umarmung genügten und schon konnte das Gespräch starten. Seit 2 Jahren wohnt er in Taiwan, zunächst in Tainan und nun in Taichung. Wobei Taichung eher als Basis anzusehen ist, denn im Prinzip reist Lucas von Oktober bis März quer durch Asien, um an Marathonläufen teilzunehmen und so sein Geld zu verdienen. Morgen früh fährt er mit dem Bus nach Taipei und fliegt von dort auf die Matsu-Inseln, die geographisch und historisch zur Volksrepublik China gehören, aber von der Republik China (also Taiwan) verwaltet werden. Dort findet am Wochenende ein Marathon statt, den er zu gewinnen gedenkt. Lucas sagt, dass die Läufe hier oft sehr schwierig sind, weil die Wärme und vor allem die hohe Luftfeuchtigkeit enorm am Körper zehren. Zusätzlich sind die Läufe nicht so flach und eben wie in Berlin oder London. Das führt auch meistens bei seinen kenianischen Landsleuten zu Problemen, die sich dann wundern, dass sie trotz persönlicher Bestzeiten von 2:05 Stunden hier kaum die 2:20 Stunden erreichen. Lucas lief heute Morgen um 05:30 Uhr bereits 20 km und nach seiner Fahrradtour nach Hause nochmal 10 km.
Ein Gespräch mit einem Sportprofi ohne Doping zu beenden, wäre im Prinzip fahrlässig. Seine Meinung dazu hat er sehr klar und deutlich formuliert. Unter Idealbedingungen sei auf natürlichem Wege heute eine Zeit von 2:07 Stunden realistisch. Alles unter 2:05 Minuten sei ganz sicher mit Vorsicht zu genießen und nicht ohne EPO oder andere Medikamente zustandegekommen. Er berichtete mir von einem Freund und früheren Trainingspartner, der für Lucas völlig unverständlich des Dopings überführt wurde und für 4 Jahre gesperrt wurde. Lucas kann sich noch immer nicht erklären, dass er nie bemerkt hat, dass sein Freund gedopt war. Das bedeutet für diesen natürlich, dass er vier lange Jahre keine Einkünfte hat und nun bei Lucas um Geld nachfragt. Schon deshalb und aus gesundheitlichen Gründen käme Doping für ihn nicht in Frage. Er betreut auch jeweils ein Nachwuchsteam in Taiwan und Kenia, die er ebenfalls zum sauberen Sport animiert. Sollte jemand dennoch erwischt werden, fliegt er unverzüglich aus dem Team. Das sind klare Botschaften.
Natürlich unterhielten wir uns nicht nur über Sport, so war er ebenso an meiner Geschichte und meiner Reise interessiert und selbstverständlich sprachen wir auch über Martha. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, werden wir uns bestimmt nochmal treffen. Ein super Typ, der Lucas Wambua Muteti.