14. Oktober 2017 – Spaziergang zum Präsidentenpalast

Heute Vormittag habe ich mir sehr viel Zeit gelassen, bevor ich das Hotel verlies. Ich habe mir zunächst eine schöne Strecke ausgesucht, die ich zu Fuß problemlos bewältigen kann. Dabei wollte ich aber auch möglichst viele interessante Orte aufsuchen. Begonnen hat mein Vorhaben am „2-28 Memorial Park“, der an den blutigen Aufstand der taiwanischen Bevölkerung gegen die Festlandchinesen vom 28. Februar 1947 erinnert. Zehntausende Menschen verloren bei diesem Aufstand ihr Leben. Der 28. Februar ist heute gesetzlicher Feiertag in Taiwan. Offiziell heißt Taiwan tatsächlich „Republik China“. Für die Volksrepublik China, also das, was wir in Deutschland einfach als China bezeichnen, gilt die Insel Taiwan als abtrünnige Provinz. Das ist auch der Grund, warum Du hier eine deutsche Botschaft vergeblich suchen wirst. Kein einziges EU-Land unterhält diplomatische Beziehungen zur Republik China, um die Volksrepublik China nicht zu verärgern. Der Memorial-Park ist sehr schön angelegt und es gibt hier auch ein entsprechendes Museum. Der Eintritt ist mit 20 NTD sehr günstig (heute war der Eintritt sogar komplett frei). Zwar sind kaum Texte in englischer Sprache zu sehen, aber die vielen Bilder machen doch sehr deutlich, welche Dramen sich 1947 abgespielt haben. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Memorial-Park befindet sich auch der Präsidentenpalast.

Der Präsidentenpalast ist ein imposantes Gebäude, das von einigermaßen grimmig dreinschauenden Soldaten mit Maschinenpistolen bewacht wird. Mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht und einem „Good morning, Sir“ tauen aber auch diese Jungs schnell auf. Besuchen durfte ich den Palast selbst natürlich nicht, aber sehenswert ist er allemal. Danach schlenderte ich weiter durch die schönen Straßen der Stadt, vorbei an der „Bank of Taiwan“, dem Postgebäude der Stadt Taipeh bis zum Gebäude des TCPD (Taipei City Police Department). Nachdem so die eine oder andere Stunde vergangen war, begab ich mich nun zur Nationalen Theaterhalle. Hier bemerkte ich, dass ich hungrig wurde und habe im dortigen Theater Café eine Tasse Oolong-Tee und extrem scharfe, gefüllte Teigtaschen mit Nudeln verzehrt. Das war tatsächlich das bislang einzige Mal hier in Taipeh, das etwas so richtig scharf war. Wer mich kennt, weiß, dass mich das sehr gefreut hat. Es kann mir gar nicht „hot“ genug sein. Draußen vor der Theaterhalle probten gut 20 Dutzend Jugendliche einen Hip-Hop Tanz. Die coole Vortänzerin animierte mich auch sogleich mitzumachen. Das lasse ich mir ja nicht zweimal sagen. Also, lässig abgegroovt und schon war ein Gekreische im Gange, das bei Justin Bieber wohl kaum lauter gewesen wäre…

Danach bin ich mit der Metro zurück zum Hotel gefahren, um mich ein wenig auszuruhen. Um 19:30 Uhr sollte ein Konzert im Da’an Park beginnen, das ich mir sehr gerne ansehen wollte. Ein paar Zweifel hatte ich schon, denn mittlerweile goss es wieder in Strömen vom Himmel herunter. Die Zweifel wurden auch nicht geringer als ich kaum Menschen an der dortigen Metrostation begegnete. Letztlich fand ich dann 3 junge Leute, die ich umgehend ansprach. Ich hatte zum Glück einen Flyer dabei, auf dem die Angaben zum Konzert auf taiwanisch abgedruckt waren. Und unglaublich nett, wie die Taiwanerinnen und Taiwaner (bitte nicht: Taiwanesinnen und Taiwanesen) so sind, drückten sie mir sogleich einen Schirm in die Hand und führten mich durch den dunklen Park zu dem vermeintlichen Veranstaltungsort. Schon aus einiger Entfernung erkannten wir schließlich, dass das Auditorium komplett unbesetzt war. Auf der Bühne stand zumindest ein junger Mann, der uns erklärte, dass das Konzert für heute abgesagt sei und morgen aber ziemlich sicher stattfinden wird. Na ja, ich werde es morgen sehen…

Die freundlichen jungen Leute begleiteten mich natürlich wieder zurück zur Metrostation, wo sich unsere Wege dann trennten. Während ich das schreibe, frage ich mich, was die 3 eigentlich ursprünglich vorhatten!?! Da es noch relativ früh war, bin ich nochmal Richtung „101 Taipeh“ gefahren. Dieses Bauwerk sieht beleuchtet extrem eindrucksvoll aus und deshalb habe ich erneut ein paar Fotos geschossen. Unweit vom „101 Taipeh“ befindet sich eine Shopping-Mall namens „Att 4 Fun“ und direkt davor waren alle Palmen und Sträucher mit Weihnachtsbeleuchtung verziert. So bekam ich dieses Jahr erstmals richtiges „Weihnachtsfeeling“. Einen Moment lang fragte ich mich noch, ob das wirklich etwas mit Weihnachten zu tun hat, als ich aber noch 4 putzige, lebensgroße Plastikschafe entdeckte, war dann endgültig klar, dass Weihnachten auch hier vor der Tür steht…

In der 10. (!!) Etage der Mall befindet sich übrigens eine Filiale der „Vapiano“-Kette. Ich habe mir das nur zum Spaß angesehen, aber der Laden war wirklich gerammelt voll. Dennoch bekam mich erneut ein kleines Hüngerchen, das ich zu stillen gedachte. Zunächst entdeckte ich einen kleinen Stand, der kalten Oolong-Tee mit lustigen Kügelchen (Bubbles) anbot. Diese Bubble-Tees sind der absolute Renner in Taiwan und deshalb musste ich das natürlich auch unbedingt kosten. Die kleinen Kugeln sind zwar relativ geschmacksneutral, fühlen sich im Mund aber so an als würde man an nassen Gummibärchen lutschen. Dieser Effekt ist irgendwie ganz lustig. In der 5. Etage entdeckte ich dann noch einen „Italiener“ und weil ich von außen sehen konnte, was die Leute dort so aßen, bin ich da auch direkt reingegangen. Ich entschief mich hier für eine Pizza mit Chili und Jalapeños. Die nette Bedienung wies mich noch kurz darauf hin, dass die Pizza sehr „spicy“ sei. Ich versicherte ihr, dass das genau der Grund ist, weshalb ich mich ausgerechnet für diese Variante entschied. Lecker war die Pizza definitiv, spicy allerdings eher weniger. Kurz darauf machte ich mich auf den Weg zurück zum Hotel und beende nun den heutigen Tag mit diesem letzten Satz.

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