19. Oktober 2017 – Zugfahrt nach Taitung

Die beiden Tage und Nächte rund um Hualien lagen heute Morgen schon wieder hinter und eine dreistündige Zugfahrt nach Taitung vor mir. Auf dem Weg von meiner Unterkunft zum Bahnhof in Hualien legte ich noch einen Zwischenstopp in einem „7 Eleven“ ein, um mich mit kleinen Köstlichkeiten für die Fahrt einzudecken. Und seine Milch trank der kleine Olli immer noch sofort. Am Bahnhof erhielt ich für 343 NTD eine Fahrkarte, nachdem ich der Dame am Schalter dreimal versicherte, dass ich wirklich nach Taitung und nicht nach Taichung fahren wollte. Das Ticket steckte ich flugs in den Durchgangsautomaten zum Bahnsteig und wurde nicht durchgelassen. Sofort beeilte sich ein wenig erfeuter Bahnkollege zu mir, um mir etwas unwirrsch mitzuteilen, dass mein Ticket für den 23. Oktober gelte, aber nicht für den 19. Oktober. Wo der Mann recht hat, hat er recht. Also zurück zum Fahrkartenschalter, um mein Ticket umzutauschen. Die Dame von eben entschuldigte sich fünfmal dafür, dass ihr dieser Fehler unterlaufen war. Dabei war das nun überhaupt kein Drama für mich, aber die Arme war irgendwie untröstlich. Als Krönung bekam ich noch 10 NTD zurückerstattet, weil die Fahrt heute günstiger war als am 23. Oktober.

Wie schon auf dem Weg von Taipeh nach Hualien war auch der Zug nach Taitung auf die Minute pünktlich. Dafür gibt es von mir ein Extralob an die taiwanische Bahn. Die Fahrt ging erneut an tollen, bewaldeten Bergketten und riesigen Reisfeldern vorbei. Oft wusste ich gar nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte. Ich kann diese Landschaft leider auch gar nicht so richtig beschreiben, aber das musst Du Mal gesehen haben. Am Bahnhof in Taitung genügte  mir ein kurzer Blick auf „Google Maps“, dass heute eine Taxifahrt angesagt war. 4,5 km Fußweg mit Gepäck wollte ich nicht auf mich nehmen. Zum Glück hatte ich die Wegbeschreibung zu meinem neuen Domizil sowohl in Englisch als auch in Hochchinesich dabei und so ging es dann auf dem schnellsten Weg in die Stadt. Der Taxifahrer setzte mich direkt vor meiner Unterkunft ab, aber wie kam ich da jetzt rein?

Im Prinzip stand ich vor einer blauen Garageneinfahrt ohne Klingel oder sonstige Möglichkeiten mich bemerkbar zu machen. Geklopft habe ich natürlich auch, aber es rührte sich nichts. Also schnell Mal die Handynummer von meinem Gastgeber angewählt, um mich bemerkbar zu machen. Seine englischen Sprachkünste sind mit rudimentär noch übertrieben gut dargestellt, aber klever ist der junge Mann. Im Hintergrund vernahm ich nämlich eine Computerstimme, die ihm mein Englisch auf Chinesisch übersetzte und so öffnete sich die blaue Tür nach 2 Minuten und er führte mich einmal rechts an dem Haus vorbei und durch ein Stahltor in den Garten. Linkerhand befinden sich dann die beiden Doppelzimmer von denen ich nun eines alleine beziehe. Saubere Toilette und Dusche sind beides vorhanden, WLAN funktioniert prächtig und der Autor dieser Zeilen ist glücklich.

Nachdem ich kurz meine wichtigsten Klamotten ausgepackt hatte, begab ich mich wieder auf die Straße zu einer kleinen Erkundungstour meiner Umgebung. Nach wenigen Minuten Fußweg erspähte ich in rund 500 Metern Entfernung eine Filiale meiner „7 Eleven“-Freunde. Also nichts wie hin. Doch schon an der nächsten Ecke befand sich ein weiterer Laden dieser Supermarktkette. So gefällt mir das. Noch viel mehr gefallen hat mir, dass ich plötzlich und unerwartet vor einem Kaltgetränkeautomaten stand und deutsches Malzbier entdeckte. Das ging natürlich sofort mit, zusätzlich zu Knabberzeug und einer Flasche „Minute Maid“. Auf dem Weg zurück zu meinem Zimmer entdeckte ich dann noch einen Tempel, den ich mir genauer unter die Lupe nehmen wollte, denn er ist sehr hübsch verziert und gefiel mir auf Anhieb.

Kurz danach lieferte ich meine Einkäufe in meinem Zimmer ab, leerte ratzfatz die Flasche Malzbier, um mich wieder auf die Suche nach Essbarem auf die Straße zu begeben. Diesmal bin ich in die entgegengesetzte Richtung gelaufen und stand ziemlich schnell vor einer lustigen Tafel, die mit einem freundlich dreinblickenden Menschen bemalt war und unten rechts mit dem „Instagram“-Symbol und dem Account des Ladens beschrieben war. Irgendwie fand ich das direkt sympathisch. Also bin ich in das „The First Bistro“ rein und wusste sofort, dass ich hier richtig aufgehoben bin. Denn in der Theke lachten mich ein Puddingküchlein mit frischen Waldbeeren und ein bildschönes Tiramisu an. Die einmal mehr extrem freundliche Bedienung deutete meinen erfreuten Blick vollkommen richtig. Zu diesen beiden „Leckerlies“ bestellte ich noch roten Oolong-Tee, den ich so in Taiwan bislang noch gar nicht entdeckt hatte. Während die junge Frau meinen Tee zubereitete, blieb mein Blick an einem alten Grammophon haften, aus dem Musik von „Coldplay“ lief. Überhaupt ist dieses Bistro sehr geschmackvoll eingerichtet. Geschmackvoll ist denn auch das richtige Stichwort. Sowohl mein Küchlein als auch das Tiramisu waren allererste Sahne und habe ich selbst in Italien selten sehr viel leckerer gegessen. Der Tee erinnerte mich übrigens nicht nur farblich an Rooibos-Tee. Nach einem kurzen Plausch mit der Bedienung, wo ich denn herkäme, erschallte plötzlich deutsche Musik aus dem Grammophon. Es liefen „Tokio Hotel“.

Tja, wenn man danach nicht bester Stimmung seinen Bericht schreiben kann, dann weiß ich es auch nicht mehr.

 

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