Land und Leute

Auf meinem gestrigen Spaziergang nach Anping fragte ich mich, ob Du nicht vielleicht etwas mehr über die geschichtlichen, kulturellen, religiösen oder politischen Hintergründe eines Landes, aktuell natürlich über Taiwan erfahren möchtest. Als hätte er meine Gedanken gelesen, bekam ich gestern eine kritische E-Mail von meinem langjährigen Freund Herbert, dem der „politische Oliver“ fehlt. Dankeschön für Deine tolle E-Mail, lieber Herbert. So, überlegte ich dann, wie ich das auf meine Webseite einbauen kann. Den Menüpunkt „Soziale Medien“, der ja bislang ohnehin überflüssig war, ersetze ich nun durch „Land und Leute“ (eine grifferige Bezeichnung ist mir noch nicht eingefallen) und werde Dich hier nun hin und wieder über verschiedene Dinge aus dem Alltag der Menschen oder eben auch über die Geschichte und ähnliche Dinge unterrichten.

Bitte schreibe mir eine E-Mail an oliver.hesel@googlemail.com, damit ich weiß, ob Du das für eine gute Entscheidung hältst! Außerdem darfst Du mir natürlich ebenfalls schreiben, wenn Dir etwas fehlt oder Du weitere Wünsche oder Anregungen hast. Letztlich ist dieser Blog genauso Dein Blog wie mein Blog. Aktuell bastel ich auch am Design meines Blogs. Da wird sich in den kommenden Woche sicher etwas ändern. Heute fange ich mit den „Menschen in Taiwan“ an.

Die Menschen in Taiwan

Vom ersten Tag an auffällig war, dass die Taiwanerinnen und Taiwaner ausgesprochen höfliche und hilfsbereite Menschen sind. Dabei wirken die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit nicht so aufgesetzt, wie ich das oft in den USA erlebt hatte. Trotzdem sind die Leute hier in keiner Weise aufdringlich, sondern fragen eher schüchtern und zurückhaltend, ob sie mir weiterhelfen können. Mein hin und wieder fragender Blick scheint dann und wann die Zurückhaltung zu verdrängen. Ich weiß das sehr zu schätzen.

Ein paar Großstädte Taiwans habe ich inzwischen besucht und ich bemerke nur äußerst selten, dass hier auch eine Polizei existiert. Dieses aus Großstädten gewohnte „Tatütata“ ist hier eine absolute Ausnahme. Einmal konnte ich die Bestandsaufnahme eines kleinen Verkehrsunfalls beobachten, die von allen Seiten mit einer ziemlichen Gelassenheit über die Bühne ging.

Mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, ist genauso leicht oder schwer wie in Deutschland auch. Je besser sie Englisch sprechen, umso leichter tun sie sich, sich mit mir zu unterhalten, was vollkommen nachvollziehbar ist. Vor ein paar Jahren gewöhnte ich mir an, auf die Frage „Where are you from“, mit „I am from Europe“ zu antworten. Etwa ein Drittel der Taiwanerinnen und Taiwaner geben sich mit dieser Antwort bereits zufrieden, die anderen wollen es dann doch genauer wissen und bekommen dann das „I am from Germany“ zu hören. Das sorgt in aller Regel geschlechterübergreifend für Begeisterung. Die Herren wollen dann mit mir über deutsche Autos sprechen und die Damen wollen wissen, warum ich in Taiwan unterwegs bin. Regelmäßig bin ich Männern und Jungs in Deutschland-Trikots begegnet oder die ein Deutschland T-Shirt tragen. Ein junger Mann stellte gleich eine ganze FC Bayern München Ausrüstung zur Schau. Trikots von anderen Ländern oder internationalen Vereinen sah ich bislang nicht.

Während die Männer hier sich zum großen Teil kaum um das eigene Outfit kümmern, achten die allermeisten Frauen hingegen sehr genau darauf, dass sie auch gut aussehen. Dazu muss das Smartphone sehr oft als Spiegel herhalten. Natürlich benutzten hier (fast) alle Menschen ein Smartphone und die Kommunikation erfolgt oft über „WhatsApp“ oder den „Facebook-Messenger“. Das unterscheidet sich alles nicht so gravierend von unseren Gepflogenheiten. Anders ist aber schon, dass selten jemand mit Kopfhörer in den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist. Die starren eben zumeist auf die aktuellen Facebook-Nachrichten.

Mit den Damen zu flirten ist praktisch immer möglich. Das funktioniert sogar problemlos, wenn der Freund oder Gatte dabeisitzt. Die Herren kucken dann zwar manchmal etwas zerknirscht, lassen aber die Frau und mich gewähren. Das ist vermutlich der taiwanischen Höflichkeit geschuldet, anders kann ich mir das Verhalten der Herren nicht erklären. An anderer Stelle erwähnte ich bereits, dass die Taiwanerinnen und Taiwaner sehr trinkfest sind und gerade die Damen nehmen sich sehr gerne Mal einen schönen Whisky zur Brust. Eine junge Frau erzählte mir, dass sie nächstes Jahr in Ungarn arbeiten und leben wolle. Auf meine Frage, wie sie ausgerechnet auf Ungarn gekommen ist, erklärte sie mir, dass ein deutscher Bekannter ihr berichtete, dass das Bier in Ungarn besonders günstig sei. Oft findet man Frauen in Grüppchen in Cafe’s oder in Restaurants sitzen.

Gravierend anders sind die Arbeitszeiten in Taiwan im Gegensatz zu Deutschland. 10 Stunden Arbeit pro Tag sind die Regel, 12-Stunden-Schichten sind ebenfalls keine Seltenheit. Dabei darfst Du nicht vergessen, dass es die klassischen Wochenenden hier nicht gibt. Samstags und sonntags hat fast alles ganz normal geöffnet, abgesehen von Banken, Postämtern und öffentlichen Ämtern, die dann geschlossen bleiben. In den ersten 10 Jahren beim selben Arbeitgeber bekommen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 15 Tage Urlaub, danach gibt es jedes Jahr einen Urlaubstag mehr. Somit sind nach 25 Jahren beim selben Unternehmen, die maximale Zahl von 30 Urlaubstagen erreicht.

 

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