Für den Freitag nahm ich mir den Besuch eines kleinen Marktes in Xinbeitou vor, der an den Tagen zuvor hinter der Metrostation aufgebaut wurde. Ich vergaß dabei nicht die umliegenden Bars, Kneipen und Cafés zu besuchen, weil diese allesamt mit äußerst schmackhafter, sowohl fester als auch flüssiger Nahrung, ausgestattet sind. Der Markt selbst war nicht besonders umwerfend, aber das Bühnenprogramm gefiel mir ausgesprochen gut. Unter anderem erlebte ich dort einen Zauberer, der wirklich gute Tricks auf Lager hatte. Ich stand kaum 5 Meter von ihm entfernt und habe keine Ahnung, wie er seine Tauben und Luftschlangen aus dem Hut zauberte. Eine Live Band spielte tolle Musik etwa von Bon Jovi, den Eagles und John Lennon. Der Keyboarder sprach mich etwas später in dem kleinen Städtchen an und stellte sich also „Enzo aus Italien“ vor. Enzo wohnt seit 16 Jahren in Taiwan, ist glücklich verheiratet, spricht aber weiterhin kein Chinesisch. Das entsetzt mich schon etwas. Bislang habe ich hier keinen „Westler“ kennengelernt, der in Taiwan lebt und Mandarin (also Hochchinesisch) spricht. Der eine oder andere ist dabei kaum über die rudimentärsten Kenntnisse hinausgekommen. Das werde ich mal weiter beobachten. Die Jungs haben zwar alle irgendwie eine taiwanische Freundin oder sogar Ehefrau, aber deren Sprache zu sprechen, scheint schon zu viel zu sein. Ist das eigentlich gelungene Integration? Ich habe jetzt jedenfalls einen Sprachkurs per App, Youtube und als ebook begonnen. So schwer kann Chinesisch doch nun auch nicht sein. Mal sehen, wie weit ich damit komme. Am späteren Nachmittag entdeckte ich, dass rund um den Weihnachtsbaum, den ich schon fotografiert hatte, eine Zeremonie vorbereitet wurde. Die sehr hübsche Moderatorin, die das Bühnenprogramm begleitete, probte dabei ihre Ansagen für diese Zeremonie. Wenig später sollte also die Weihnachtszeit in Xinbeitou beginnen. Zwei Jungs spielten an einem Keyboard und einem coolen „Elektrocello“ Weihnachtslieder. „Stille Nacht, Heilige Nacht“, „Jingle Bells“ und „O du fröhliche“ wurden gut dargeboten. Anschließend musste sich die komplette örtliche Politikprominenz vor dem Weihnachtsbaum versammeln. Das Ganze passierte hinter einer Glaskugel, die unglaublich alberne Weihnachtsbildchen präsentierte. Und dann spuckte der Weihnachtsbaum auch noch „Schnee“ (in Form von Badeschaum). Die Promis hatten einen Heidenspaß und wurden dabei von der Presse abgelichtet. Ich fand diese gesamte Zeremonie unglaublich kitschig, aber es ist so schön zu sehen, über was die Taiwanerinnen und Taiwaner sich so freuen. Um das nochmal klar zu sagen, in der Republik China leben kaum mehr als 6,5 % Christen bezogen auf die Gesamtbevölkerung (> 23,5 Millionen). Insofern habe viele gar keine Ahnung von Weihnachten, freuen sich aber trotzdem drauf. Wobei auch bei uns das Wissen über die christlichen Feiertage mittlerweile ziemlich bescheiden ausfällt.
Der gestrige Samstag war wieder Tag der Abreise. Am späten Vormittag fuhr ich mit der Metro zum Hauptbahnhof, um meinen Zug um 13:05 nach Ylan zu nehmen. Der Zug war aber ausgebucht (!!!), deshalb bekam ich ein Ticket für 14:25 Uhr. Im „Starbucks“ vertrieb ich mir die Zeit und stolperte dann gegen 14:00 Uhr über meine „App Store“ App. Fast hätte ich mich an meinem „Alishan Oolong Tee“ verschluckt, denn völlig überraschend teilte mir die App mit, dass ich das „iPhone X“ reservieren und im „101 Taipei“ abholen könne. Da musste mein Zug natürlich ohne mich losfahren und ab ging es zum „Apple Store“. Der Laden war gerappelt voll, aber nur ein paar Leute warteten auf ihr „iPhone“. So musste ich nur 5 Minuten warten, meine Reservierung und meinen Reisepass vorzeigen und schon war ich stolzer Eigentümer eines neuen Spielzeugs. Falls mich jemand fragt, ob das wirklich sein muss. JA, muss es! Danach fuhr ich direkt wieder zurück zum Bahnhof und ergatterte ein Ticket für 15:53 Uhr. Gegen 17:30 Uhr stieg ich in Toucheng (Landkreis Ylan) aus und kaufte dort ein weiteres Ticket für einen lokalen Zug nach Dali. Dort kam ich um 18:25 Uhr an. Das Hostel, dass ich gebucht hatte, liegt direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite und ist auch noch nett beleuchtet. Verlaufen geht hier also auch ohne „Google Maps“ nicht. Noch vor der Eingangstür wurde ich freundlich empfangen, direkt in mein Zimmer begleitet und mit einem frisch zubereiteten Abendessen verwöhnt. Ganz zauberhaft. Mit ein paar jungen Taiwanerinnen und Taiwanern quatschte ich noch bis 23:30 Uhr. Wir gingen noch kurz zum Strand (4 Minuten Fußweg), um die Sterne zu beobachten. Dies schien mir ziemlich gewagt, weil die Bewölkung zuvor gegen anständige Sicht sprach. Es gab auch keine Sterne zu sehen, aber immerhin lernte ich den Weg zum Strand kennen. Kurz nach Mitternacht fiel ich extrem müde ins Bett. Nun sitze ich am Frühstückstisch, habe zwei Tassen Tee (schwarz und grün) getrunken, eine große Scheibe Toast mit Erdbeermarmelade gegessen und schreibe diesen Artikel für Dich. Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag.